Das aus dem Sanskrit stammende Wort Karma ist den spirituell Interessierten und Strebenden schon lange ein Begriff. Seit einiger Zeit aber hat dieses Wort auch in der westlichen Umgangssprache Einzug gehalten und hat bei vielen Menschen für Missverständnisse, für Unbehagen oder Ablehnung und bisweilen auch für spöttische Kommentare gesorgt. Nicht dass wir uns Sorgen machen müssten wegen dem notorischen Spott von Verneinern jeglicher geistig-spirituellen Aspekte des Lebens, aber für die im Erwachen begriffenen Mitmenschen kann es durchaus sinnvoll sein, wenn sie eine entmystifizierte Version dieses Begriffs zu hören bekommen, und sie die zum Teil absurden, vulgärreligiösen Vorstellungen à la „Der Otto hat mir einen Fusstritt versetzt, als wird der Otto ‚als Strafe’ von einem anderen auch einen Fusstritt versetzt bekommen“ durch ein etwas vertiefteres Verständnis ersetzen können.

Wir wiedergeben hier eine kurzes Gespräch zwischen einem spirituellen Lehrer und seinen Schülern, die dieses Thema aufgegriffen haben, und das den LeserInnen Hinweise und Anregung zu eigenem Nachdenken und Nachforschen geben kann. Denn was wir sicher nicht wollen ist, die geistig Forschenden mit einem fertigen Konzept mit definitiven Antworten abzuspeisen, wissen wir doch alle, dass jeder Mensch seine eigene Wahrheit suchen und finden muss. In diesem Sinne kann jede Diskussion, die unsere bisherigen, vielleicht etwas verfestigten Vorstellungen aufweichen können, nur von Vorteil sein.

Es gibt zwar die Kurzformel, dass das Gesetz vom Karmadas Gesetz von Ursache und Wirkung ist, und das kann sicher so gesehen werden. Doch was dies nun im Konkreten, bezogen auf den individuellen Menschen und die einzelnen Handlungen und Verhaltensweisen bedeutet, darüber sind sich auch die grossen Geister offenbar nicht ganz einig – zu komplex, zu tief und vielschichtig ist das Leben. Auch hört man immer wieder, dass die Art und Unmittelbarkeit der Wirkung dieses Gesetzes stark vom geistigen Entwicklungsstand des Einzelnen abhängt, und dass die sich zur Zeit massive erhöhende Schwingung der Erde ebenfalls zu direkteren Auswirkungen des Karmagesetzes führen soll – was immer das heisst.

Interessanterweise findet man auf Wikipedia eine gute Übersichtüber das traditionelle Verständnis des Begriffs Karma, hier, und der Interessierte kann sich auf jener Seite nützliche Informationen, vor allem in kulturhistorischer und philosophischer Hinsicht, besorgen (ohne dass man gleich mit jeder in dem Beitrag verwendeten Aussage einverstanden sein muss).

Auch auf unserer Seite haben wir dieses Thema schon in verschiedenen Beiträgen angesprochen, zum Beispiel im Artikel Karma – was bedeutet das wirklich  oder in Die Missverstandene Matrix von Karma, Reinkarnation und Seelen-Kontrakten. Gerne vertiefe dich auch in diese und andere Artikel, wenn du dich umfassender mit diesem Thema befassen möchtest.

Eine Entmystifizierung des Gesetzes vom Karma

Ein Dialog zwischen Suchenden und ihrem Lehrer

Veröffentlicht auf  Conscious Reminder ; übersetzt von Taygeta

Sucher 1: Ich habe über das Gesetz vom Karma in verschiedenen Foren und in der Literatur gehört und gelesen. Was genau ist das Gesetz des Karma?

Sirshree: Schauen wir uns einige konkrete Situationen an, um das Gesetz des Karma zu verstehen. Nehmen wir an, ein kleiner Junge namens Sam stahl 100 Rupien aus der Brieftasche seines Vaters. Was wird eurer Meinung nach aufgrund das Karma-Gesetzes geschehen? Was denkt jeder von euch? Lasst uns mit dir beginnen, der du die Frage gestellt hast ….

Sucher 1: Ich denke, wenn Sam seinen Vater bestohlen hat, dann wird, wenn Sam erwachsen ist, sein Sohn ihm die gleiche Menge Geld stehlen.

Sirshree: Was ist mit den Zinsen? Was, wenn er überhaupt nicht heiratet? Was denkt der Rest von euch?

Wirklich ???

Sucher 2: Nun, ich glaube, dass jemand Sam bestehlen wird. Es könnte Geld sein, es könnten aber auch Ideen sein. Die Natur wird es ihm eines Tages zurückzahlen. Und es muss nicht von einer ähnlichen Art sein. Die Natur kann es durch irgendeine andere Quelle tun.

Sucher 3: Ich meine, dass ihm etwas Schlechtes widerfahren wird, denn Gott wird alles ausgleichen. Es ist nicht nötig, dass jemand ihn bestiehlt. Aber für jeden ‚Schuldposten‘ gibt es einen ‚Kredit‘ in der einen oder anderen Form, um auszugleichen. Daher wird ihm auf jeden Fall etwas Schlimmes passieren.

Sirshree: Also glaubt ihr, dass es jemanden gibt, der für einen Ausgleich besorgt ist? Gibt es einen göttlichen Buchhalter, der das Karma eines Jeden im Auge behält?

Sucher 3: Ja, ich glaube schon.

Sucher 2: Vielleicht behält die Natur den Überblick. Es ist ein Gesetz. Wie das Gesetz der Anziehung hat auch das Gesetz vom Karma seine Wirkung und es gibt jemanden, der irgendwo den Überblick behält.

Sucher 4: Ich glaube, das ist alles nur ein Ammenmärchen. Niemand behält den Überblick. Es gibt keine Auswirkungen durch ein Karma. Wenn jemand stiehlt, kann er das Geld geniessen. Das war’s dann wohl. Wenn er beim Stehlen erwischt wird, dann leidet er. Das ist praxisnah. Die ganze Sache mit einer karmischen Vergeltung ist unwissenschaftlich.

Sirshree: Jede Antwort hier verdeutlicht eure individuellen Überzeugungen. Lasst uns die Frage ändern. Was, wenn sich der junge Sam am nächsten Tag bei seinem Vater entschuldigt? Er gesteht und gibt das Geld zurück. Was denkt ihr, wird dann nach dem Gesetz des Karmas geschehen?

Sucher 1: Jemand wird etwas von Sam stehlen, wenn er erwachsen ist und wird es dann Sam beichten.

Sirshree: Also, für etwas, was Sam getan hat, wird jemand nicht nur stehlen, sondern auch gestehen müssen! Jemand wird das alles durchmachen, nur um das Karma einer Person auszugleichen? Das wird also eine Kette von Karma-Ausgleichshandlungen auslösen, ohne Ende!

Sucher 4: Deshalb glaube ich das alles nicht. Sam stiehlt…. er fühlt sich unglücklich…. damit hat er das Ergebnis. Sam gesteht…. er fühlt sich glücklich…. das ist das nächste Resultat. Ich sehe keinen Bedarf für etwas anderes.

Sucher 3: Nun, wenn er gesteht, dann ist es eine ganz andere Sache. Dann gibt es keine Notwendigkeit für einen Karma-Ausgleich. Ausserdem habe ich eine andere Überlegung. Es kommt darauf an, wie „jung“ Sam ist. Wenn Sam ein Kind ist, dann spielt es keine Rolle. Es gibt dann keine Auswirkungen auf sein Karmas. Aber wenn Sam in vollem Bewusstsein handelt, wird es Auswirkungen auf ihn haben.
Ich habe einen jüdischen Freund. Er sagte mir, dass die Juden glauben, dass die Kinder vom Gesetz des Karma befreit sind. Aber sie werden für ihr Karma verantwortlich, nachdem sie Teenager geworden sind. Bis dahin liegen alle ihre Handlungen in der Verantwortung der Eltern.

Sirshree: Ja. Es ist ein jüdischer Brauch, die Bar Mitzvah zu feiern, damit den Kindern ihre Volljährigkeit bekräftigt wird. Gehen wir zurück zur Frage und ändern wir die Frage weiter. Was, wenn Sam gar nicht erst gestohlen hat? Was, wenn er nur ans Stehlen denkt? Wirkt sich das auf sein Karma aus?

Sucher 1: Nein, das blosse Nachdenken über das Stehlen erzeugt kein Karma, es sei denn, es manifestiert sich in einem äusseren Handeln.

Sucher 2: Richtig. Karma bedeutet Aktion. Denken allein ist kein „Handeln“ im wahren Sinne des Wortes.

Sucher 3: Ich glaube, dass selbst Gedanken das Karma beeinflussen. Nur wird die Wirkung des Karmas geringer sein. Vielleicht denkt dann nur jemand daran, Sam zu bestehlen. Das ist die einzig mögliche Auswirkung.

Sucher 4: Wenn es so ist, dass es für Handlungen keine grösseren Konsequenzen gibt, was ich annehme, kann ich auch nicht verstehen, warum dann Denken irgendeine Konsequenz haben soll. Sam kann sich höchstens schuldig fühlen, weil er sich dem Gedanken eines Diebstahls hingegeben hat. Oder er spürt eine sadistische Freude, über das Stehlen nachzudenken. Aber letztendlich wird es keine Rolle spielen.
Wissenschaftlich gesprochen ist ein Gedanke nur ein elektromagnetischer Impuls. Es geht zu weit zu glauben, dass jeder elektromagnetische Impuls ausser dem direkten Impuls selbst eine Auswirkung haben soll.

Sirshree: Das alles waren gute Antworten. Betrachtet nun mit einem offenen Geist, was das Gesetz des Karma aus einer anderen Perspektive bedeuten kann. Zieht in Erwägung, dass die einzige Konsequenz einer Handlung darin besteht, dass sich eine „Tendenz“ bildet. Wenn Sam seinen Vater bestiehlt, neigt er dazu, „Abkürzungen“ zu nehmen. Die Folge oder Frucht dieses Karmas ist, dass ein Muster von Abkürzungen in seinem Unterbewusstsein verankert wird. Oder wenn dieses Muster bereits vorhanden ist, verstärkt dieser Gedanke dieses Muster. Automatisch, aufgrund dieses Musters, wird Sam Situationen in seinem Leben anziehen, in denen er ständig nach einfachen Abkürzungen sucht, die ihn eines Tages teuer zu stehen kommen könnte. Das werden die Leute Karma nennen.

Sucher 4: Das Ergebnis des Karmagesetzes ist also die Bildung von Tendenzen in seinem Unterbewusstsein. Wie führt wiederholtes Denken zur Bildung von Tendenzen?

Sirshree: Man kann das anhand eines Beispiels verstehen. Während der Regenzeit kann man Bäche die Hügel hinunterfliessen sehen. Diese Bäche folgen in jedem Monsun den gleichen Wegen. Warum? Es ist so, dass sich die Furchen gibt, entstanden durch den immer erneuten Wasserfluss, und diese werden sich immer tiefer graben. Ganz am Anfang bemühte sich das Wasser noch Hindernisse auf dem Weg zu beseitigen. Aber später, als es schon diese Pfade gab, floss das Wasser dort, wo es am einfachsten war, wo dem Wasser am wenigsten Widerstand entgegengesetzt wurde.
Ähnlich wird ein wiederholtes Verhalten sich als eine Tendenz im Unterbewusstsein tief verankern. Das Verhalten neigt dann dazu, mühelos den Wegen der Tendenzen zu fliessen, und so entstehen Gewohnheiten. Zum Beispiel, wenn man dazu neigt, wütend zu werden, kann sich daraus die Gewohnheit entwickeln, gereizt zu sein. Und wenn sich eine solche Gewohnheit einmal gebildet hat, drückt der Mensch hilflos seine Wut auch in Situationen aus, wenn er es nicht wirklich will.

Sucher 1: Wenn ich also heute jemanden anschreie, ist die Karma-Folge davon, dass mein Wutmuster stärker wird?

Sirshree: Ja. Und das Muster des Zorns wird durch den wiederholten Ausdruck des Zorns tiefer verwurzelt. Muster werden auf der Grundlage von Absichten gebildet, die sie werden durch die Handlungen unterstützt und verstärkt.
Lasst uns das Gesetz des Karma mit einer weiteren Analogie verstehen. Es gibt einen Jungen, der daran denkt, in seinen Prüfungen zu betrügen. Er beabsichtigt, aus seinem Spickzettel abzuschreiben. Was wird eurer Meinung nach die daraus folgende Wirkung des Karma sein?

Sucher 1: Hat er sich schon entschieden, bei den Prüfungen zu betrügen oder zögert er noch?

Sirshree: Nehmen wir an, er denkt noch nach. Er denkt darüber nach und gibt dann den Gedanken auf aus Angst, erwischt zu werden oder aus einem Schuldgefühl heraus, dass er etwas Unrechtes machen wird.

Sucher 2: Basierend auf dem, was ich bisher von dir mitbekommen habe, ist die Konsequenz dieses Karmas, dass sein Muster von Betrug und Täuschung durch diesen Gedanken verstärkt wird.

Sirshree: Ja. Also bewirkt sogar ein ‚Gedanke‘ Karma. Und dann, eines Tages, betrügt er ‚wirklich‘. Er wird tatsächlich im Prüfungssaal von seinem Spickzettel abschreiben, weil er in der Vergangenheit mehrfach darüber nachgedacht hat, es zu tun. Eine Karma-Konsequenz seines Denkens ist also, dass seine Tendenz verstärkt wird und eine andere Konsequenz ist, dass er am Ende vielleicht tatsächlich das tut, woran er gedacht hat. Und nun sagt mir, was ist die Folge seiner Betrugshandlungen in den Prüfungen?

Sucher 4: Sein Unterbewusstsein beginnt zu glauben: „Ich bin ein Betrüger. Ich kann die Dinge nicht auf einfache Art und Weise regeln. Ich muss betrügerische Mittel einsetzen, um im Leben erfolgreich zu sein.“

Sirshree: Richtig. Damit wird die Tendenz weiter verstärkt. Zu Beginn weist er den Gedanken des Betrugs ab, indem er bedenkt, dass es nicht korrekt ist, dies zu tun. Es ist wie eine Linie durch das Wasser zu ziehen. Es verursacht nur ein paar Wellen, ohne signifikante Konsequenz. Es ist nur ein flüchtiger Gedanke. Wenn er aber immer wieder darüber nachdenkt, ist es so, als würde er eine Linie durch den Sand ziehen. Die Eindrücke bleiben noch eine ganze Weile erhalten. Wenn er bei den Prüfungen tatsächlich betrügt, ist das so, als würde er mit Hammer und Meissel eine Linie auf einem Felsen ziehen. Die Tendenzen werden dann extrem stark.

Sucher 3: Je nachdem also, wie tief diese Tendenz geworden ist, kann er mehr Betrügereien in seinem Leben anziehen.

Sirshree: Richtig. Die Möglichkeit, dass jemand ihn betrügt, nimmt ebenfalls zu. Das ist so, weil jemand, der betrügt, am Ende die Gesellschaft von anderen anzieht, die betrügen. Die Chancen stehen also gut, dass nicht nur er betrügt, sondern im Wechsel auch selbst betrogen wird. Er erhöht die Erfahrung des getäuscht Werdens in seinem Leben. Er zieht diese Dinge auf der unteren Bewusstseinsebene an. Wenn jemand korrupt ist, begegnet er mehr Korruption als andere. Er wird nicht nur mehr Korruption ausüben, sondern auch in seinem eigenen Leben am Ende von Korruptionen stehen.

Sucher 1: Vielen Dank für diese Anleitung zum Thema Karma, sie hat mich zutiefst berührt.

Sucher 2: Das war wunderbar, es hat mich auch wissenschaftlich überzeugt.

Sucher 3: Sirshree, das war grossartig. Das alles macht intuitiv Sinn. Aber es bringt mich zu einer anderen Frage. Ich glaube an das Gesetz des Karma, weil es mir hilft, die ganze Ungerechtigkeit in der Welt besser zu verstehen. Ich denke, dass jemand wegen seines Karmas aus einem früheren Leben arm geboren oder mit einer Missbildung geboren wird. Was hältst du davon? Ist das Gesetz des Karmas nicht eng mit der Reinkarnation verbunden?

Sirshree: Vielleicht existiert die Reinkarnation nicht genau so, wie du es glaubst. Vielleicht werden nur Erinnerungen verwendet. Aber das ist eine tiefere Diskussion, die an einem anderen Tag geführt werden muss.
Ziehe einfach eine neue Sichtweise auf das Karmagesetz auf der Grundlage unserer heutigen Diskussion in Betracht.

Danke für die Gelegenheit, euch zu dienen. Lasst eure Handlungen spontan, frisch und frei von Vergangenem werden. Habt frohe Gedanken.

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