Von Mateo Sol; UPLIFT gefunden auf riseearth.com; übersetzt von Taygeta

Das Grenzland des Schlafes

Wir alle wissen, dass es zwei primäre Bewusstseinszustände gibt: Wachheit und Schlaf. Aber wusstest du, dass es auch einen Zwischenzustand gibt? Dieser Zustand wird Hypnagogie genannt, ein Wort, das sich aus den griechischen Wörtern „Hypnos“ (Schlaf) und „Agogos“ (Führen) ableitet. Hypnagogie bedeutet also „Zustand, der in den Schlaf führt“.

Hast du schon einmal ein Nickerchen gemacht und einen seltsamen tranceähnlichen Zustand erlebt, in dem sich Bilder, Farben, Klänge, sogar traumähnliche Geschichten in deinem Kopf abspielten? Hast schon jemals beobachtet, wie du in den Schlaf gefallen bist und dabei gesehen hast, wie sich ein Kaleidoskop von Farben und Formen in deinen Kopf hinein und hinaus bewegt … oder seltsame Dinge wie Pferde, die zu Hubschraubern werden? Diese Erfahrungen sind Hypnagogie in Aktion – und es ist wahrscheinlich, dass du Hypnagogie mehrmals pro Woche erlebst, oder sogar jeden Tag, bevor du einschläfst!

Wie kann also dieser ungewöhnliche Schwebezustand zu einem besserem Verständnis von uns Selbst und unserem spirituellen Wachstum beitragen? In diesem Artikel werde ich erklären, wie.

Arten der Hypnagogie

Je nachdem, ob du in erster Linie ein visueller (bildorientierter), auditiver (lautorientierter) oder kinästhetischer (körperlich orientierter) Mensch bist, wird deine hypnogische Erfahrung unterschiedlich sein.

Hier sind verschiedene Arten, wie Hypnagogie erlebt werden kann:

  • Bilder– z.B. monochromatisch oder farbig, statisch oder bewegt, flach oder dreidimensional. Es sind in der Regel flüchtige Bilder, manchmal bilden sie ganze traumähnliche Szenen.
  • Geräusche– können laut oder leise sein und beinhalten das Hören von Musik, Stimmen, Gesprächsfetzen, Regen, Wind, weisses Rauschen, sich wiederholende Wörter, Namen, die genannt werden, etc.
  • Wiederkehrende Handlungen– bekannt auch als „Tetris-Effekt“, wenn jemand längere Zeit damit verbracht hat, etwas Bestimmtes wiederholt zu tun (bestimmte Arbeit, Schach oder andere Spiele spielen, Trainieren, Lesen), könnte er sich dabei wiederfinden, dasselbe zu tun, wenn er in den hypnagogischen Zustand fällt.
  • Körperliche Empfindungen– Geschmäcker, Gerüche, textiles Fühlen und Empfindungen von Kälte und Hitze können während der Hypnagogie erlebt werden, ebenso wie Gefühle des Schwebens, des Fallens, des Verlassens des Körpers oder der Formveränderung des Körpers.
  • Mentale Prozesse– am Rande des Schlafes beginnen Gedanken eine fliessende und frei assoziative Qualität anzunehmen, in der sie sich auf ungewöhnliche, abstrakte und innovative Weise verwandeln und entwickeln, ohne vom Ego beeinflusst zu werden.
  • Schlaflähmung– die vorübergehende Bewegungsunfähigkeit kann in einigen Fällen mit einer Hypnagogie einhergehen, aber auch wenn dieser Zustand sich alarmierend anfühlen mag, ist er doch harmlos.

Hypnagogie ist der Zustand, in dem man halb wach und halb eingeschlafen ist

Es ist auch möglich (und üblich), mehrere verschiedene Formen der Hypnagogie zu erleben. Zum Beispiel kannst du visuell eine Erinnerung an den Tag haben, die sich dann vor deinen Augen in eine Reihe von physischen Empfindungen und Geräuschen verwandelt. Die Kombinationen sind grenzenlos.

Spirituelle Oneiromantie, Dali und Traumyoga

Im Laufe der Geschichte gab es viele Schriftsteller, Künstler und Philosophen, die die Hypnagogie als Mittel benutzt haben, um zu neuen Ideen, Erkenntnissen und sogar Erfindungen zu kommen.

Der Künstler Salvador Dali, die Schriftstellerin Mary Shelley (Autorin von Frankenstein) und der Erfinder Thomas Edison sind einige der bemerkenswertesten historischen Persönlichkeiten, die die Hypnagogie genutzt haben, um dadurch kecke neue Ideen zu stimulieren. Sowohl Dali als auch Edison verwendeten zum Beispiel eine sehr ähnliche Technik: sie setzten sich mit Gegenständen in der Hand hin (Schlüssel bei Dali und Messingbälle bei Edison) um sofort aufzuwachen, sobald die Objekte zu Boden fielen. Dieses plötzliche Erwachen erlaubte es ihnen, schnell aus ihrem hypnagogischen Schlaf heraus zu kommen und die Gedanken und Bilder aufzuschreiben, die durch ihren Geist getanzt hatten.

Schriftsteller, Künstler und Philosophen nutzen Hypnagogie als Mittel, um neue Ideen anzustossen

Im tibetischen Buddhismus werden hypnagogische Zustände als Mittel zur Ausübung von „Traumyoga“ verwendet. Traumyoga ist eine Form der spirituellen Praxis, die auf der Prämisse beruht, dass traumähnliche Zustände verwendet werden können, um den Geist so zu trainieren, dass das spirituelle Bewusstsein verbessert wird. Diese Selbstdisziplin kann zur Erfahrung eines Erleuchtungszustandes beitragen.

In neuerer Zeit gibt es eine Randgruppe von Menschen, die sich selbst als Oneiromanten bezeichnen; oder von Menschen, die Träume als eine Form der Weissagung nutzen. Das Wort Oneiromantie kommt aus dem Griechischen ‚oneiros‘ (Traum) und ‚manteia‘ (Prophezeiung). Solche Menschen benutzen und interpretieren Träume häufig als eine Möglichkeit, die Zukunft vorherzusagen.

Auch Psychologen wie Carl Jung und Sigmund Freud haben sich intensiv mit Träumen und ihren möglichen Bedeutungen beschäftigt. Jung war bekannt dafür, dass er seit seiner Kindheit eine Faszination für Träume und deren Verbindung mit dem Unterbewusstsein hatte.

Ich persönlich kann nicht für den Wahrsager-Aspekt von Träumen einstehen (ebenso wenig wie für die „Oneiromantie“, obwohl ich selbst schon prophetische Träume hatte). Darüber hinaus glaube ich, dass die Vorhersage der Zukunft nutzlos und eine grosse Ablenkung ist, wenn sie nicht mit einer Arbeit einhergeht, die auf der Grundlage der Gegenwart erfolgt. Deshalb ist mein Zugang zu Träumen und Hypnagogie auf psychologisches Wachstum ausgerichtet. Ohne dich selbst zu verstehen, deinem Schattenselbst zu begegnen, alte Traumata und Wunden aufzudecken und lernen damit umzugehen und sie zu integrieren, wirst du nicht sehr weit kommen. Sonst wird die ganze Traumarbeit der Welt genau das sein: ein Haufen Fantasie.

Die Erfahrung von Halbwachheit und Halbschlaf

Hypnagogie ist der kürzeste Weg zur Kommunikation mit unserem Unterbewusstsein.  ~  Dr. Sirley Marques Bonham, Physikerin

In der säkularen Welt wird Hypnagogie oft als Mittel zur Stimulierung der Kreativität eingesetzt. Aber ich schlage vor, dass Hypnagogie auch für eine tiefe psychologische Entdeckungen genutzt wird, ähnlich wie es die tibetischen Buddhisten mit ihrem „Traumyoga“ tun und Carl Jung es mit seiner Technik der „aktiven Vorstellungskraft“ vorschlug.

Oneiromanten sind Individuen, die Träume als eine Form der Weissagung nutzen

Indem du nach Mustern in den auftauchenden Bilder suchst und sie interpretierst, und indem du mit den fragmentierten Aspekten von dir selbst in Kontakt zu kommen suchst, kann Hypnagogie zu einer kraftvollen Form der Selbsterforschung werden, und zwar eine mit dem Potenzial, dich mit der Ganzheit deiner Seele und dem ultimativen Zweck zu verbinden.

Das Unterbewusstsein ist der Teil unseres Gehirns, der alles enthält, was wir vergraben und vergessen haben: Erinnerungen, Abwehrmechanismen, Wunden, angestammte Traumata, archetypische Kräfte oder „Unterpersönlichkeiten“ – was auch immer.

Im tranceartigen Zustand der Hypnagogie sind wir in der Lage, unseren unbewussten Geist und seinen Inhalt zu beobachten, wenn er an die Oberfläche zu sprudeln beginnt.

Wie man Hypnagogie einsetzt, um sein unbewusstes Bewusstsein zu erforschen

Wenn du eine einfache und effektive Art und Weise lernen möchtest, wie du Hypnagogie nutzen kannst, um dein Unterbewusstsein zu erforschen, dann wende die hier beschriebene Methode an:

  1. Lege eine Absicht fest– „Schärfe“ deinen Geist und bereite ihn vor, bevor du schlafen gehst oder ein Mittagsschläfchen machst. Du kannst dies tun, indem du beständig darüber nachdenkst, was du erforschen willst, etwa 20 bis 30 Minuten bevor du dich zur Ruhe begibst. Zum Beispiel könnte es deine Absicht sein, herauszufinden, warum du darum kämpfst, die Selbstkontrolle zu behalten, wenn du dich der Gesellschaft bestimmter Menschen befindest, oder welcher mentale Glaube dein Glück blockiert, oder was dein Schatten dir sagen will, oder etwas, was mit dir als Persönlichkeit zu tun hat. Ich finde, dass es mir hilft, mir meine Absicht klar zu verdeutlichen und sie in einem Satz zusammenzufassen. Du kannst diesen Satz sogar auf ein Blatt Papier schreiben, wenn es dir hilft. Deine zusammenfassende Absicht könnte zum Beispiel sein: „Ich will verstehen, warum ich immer die falschen Partner anziehe“, „Ich will herausfinden, wie ich meine sozialen Grenzen stärken kann“, „Ich will herausfinden, warum ich mich so unglücklich und verloren fühle“, usw. Das Meditieren über deine Absicht ist auch eine kraftvolle Art, deinen Geist vorher zu aktivieren.
  2. Finde etwas, um deine Erfahrungen aufzuzeichnen– Bevor du in die Hypnagogie einsteigst, besorge dir ein Notizbuch, ein Tagebuch, ein Skizzenbuch oder ein sprachgesteuertes Aufnahmegerät (dafür gibt es Mobile Apps) und stelle es neben dein Bett/Sofa/Stuhl.
  3. Stelle einen sanften Alarm ein– Das Einschlafen dauert durchschnittlich ca. 10 bis 20 Minuten. Nimm dir einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken, wie lange es im Durchschnitt dauert, bis du einschläfst. Tauchst du schnell ab? In diesem Fall könnest du den Wecker in deinem Telefon oder auf deiner Uhr auf 10 Minuten einstellen. Wenn du lange brauchst, um einzuschlafen, experimentiere mit der Einstellung deines Weckers auf 20 Minuten. Mit Erfahrung und der Einschätzung, wie müde du vorher bist, kannst du den Alarm geschickt auf die perfekte Zeit einstellen, die du brauchst.
  4. Mache ein Nickerchen– Und denke daran, dass es nicht deine Absicht ist, einzuschlafen (obwohl, mache dir keine Sorge, wenn das passiert; es kann etwas Übung erfordern!). Lege dich auf dein Bett, Sofa oder wo auch immer es dir bequem ist, und entspanne dich. Lass deinen Körper und Geist in einen weichen und verschwommenen Dunst abtauchen. Entspanne dich ganz und gar und komme ganz zur Ruhe.
  5. Beobachte deinen Geist– Es ist nicht immer möglich, deinen Geist klar zu beobachten, besonders wenn dein Bewusstsein schwindet, und deshalb braucht es etwas Übung für diesen Teil. Du kannst deine Atem spüren oder darauf achten, wie deine Brust sich hebt und senkt, um dich im Bewusstsein zu verankern, während du bemerkst, was vor sich geht.
  6. Zeit zum Aufnehmen!– Bzzzzzz! Irgendwann wird dein Alarm losgehen. (Hoffentlich stellst du einen sanften Alarm ein, denn laute, abscheuliche Alarme können wirklich, naja, alarmierend sein.) Sobald du aufgewacht bist, notiere oder nimm mit dem Aufnahmegerät auf, was du gesehen, gehört, gefühlt oder erlebt hast. Mach dies sofort, damit du es nicht vergisst.
  7. Interpretation– Überdenke, was du geschrieben, gezeichnet oder aufgenommen hast. Was sind dabei die ersten Gedanken oder Gefühle, die dir in den Sinn kommen? Wenn du nun eine starke physische/emotionale „Aha!-Reaktion“ erlebst, hast du die richtige Interpretation gefunden. Inspiriert, begeistert oder schockiert dich deine Interpretation? Wenn ja, wirst du es wahrscheinlich korrekt interpretiert haben. Laut dem Jung’schen Analytiker Robert A. Johnson ist das beste Kriterium, um zu sagen, ob man ein Traumbild richtig interpretiert hat, wie viel Energie dahinter steckt. Mit anderen Worten, wenn sich deine Interpretation flach, stumpf oder leblos anfühlt, ist sie wahrscheinlich falsch. Wenn sie sich aber lebendig und spannend anfühlt, hast du wahrscheinlich deine Antwort gefunden.
    Denke auch daran, dass hypnagogische Bilder sehr abstrakt oder sehr geradlinig sein können – es ist ziemlich unvorhersehbar. Manchmal dauert es eine Weile, das Erlebte zu interpretieren. Manchmal ist das Material deines Geistes nicht relevant für deine Frage oder Absicht. Übe weiter. Oft scheinen Bilder, Worte, Töne und Empfindungen keinen Zusammenhang mit deiner Frage zu haben. Aber wenn du ein paar Tage später die Frage nochmals aufnimmst, könnte es „Klick“ machen und du könntest plötzlich entdecken, wie relevant und symbolisch die Bilder oder Empfindungen waren.
  8. Meditiere über deine Entdeckung– Nachdem du deine hypnagogischen Inhalte interpretiert hast, setze dich hin und denke darüber nach. Meditiere über deren Auswirkungen, Lektionen und Ratschläge. Ich ermutige dich, deine Erfahrungen mit der Hypnagogie in einem Journal festzuhalten, denn dies wird deine Fähigkeit, aus der Praxis zu lernen und zu wachsen, vertiefen.

Hypnagogie ist eine psychedelische, faszinierende, kaleidoskopische Welt voller unendlicher Möglichkeiten und Potential. Und das Beste daran ist, es bietet ein einfaches Tor zu deinem Unterbewusstsein. Indem du diesen flüchtigen Geisteszustand nutzt, hast du die Möglichkeit und Fähigkeit, Probleme zu lösen, Anleitung zu erhalten und mehr Frieden und innere Ganzheit zu erfahren.

Hypnagogie bietet einen einfachen Zugang zum Unterbewusstsein

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