Geschrieben von Joe Martino auf Collective Evolution, übersetzt von Antares
Viele von uns können nachempfinden, dass unsere Welt gerade jetzt voller Unsicherheiten ist. Egal, ob es sich nun um unseren Alltag, unsere Karrieren, unsere Beziehungen oder den Zustand der Welt dreht, es ist normal, dass wir ein Gefühl der Unsicherheit spüren. Das kann dazu verleiten, schnell und sicher wieder festen Boden unter den Füßen haben zu wollen, selbst, wenn das bedeutet, dass wir dabei Entscheidungen treffen, die unklar oder überstürzt sind.
Abgesehen von der Ungewissheit neigen wir ebenfalls dazu, in einer Kultur zu leben, die nach sofortiger Befriedigung verlangt. Wir wollen die Dinge sofort haben, und wenn wir sie nicht bekommen können, beginnen wir oftmals, das Interesse zu verlieren, oder gehen zu etwas anderem über, was diese umgehende Befriedigung bringen könnte. Nimm dir einen Moment Zeit, um allein über diese Gedanken nachzusinnen: Wann hast du dich das letzte Mal dabei ertappt, ungeduldig wegen einer Sache zu werden? Welche Gedanken hattest du dabei? Wie hast du dich in deinem Körper gefühlt?
Ich erinnere mich, wie ich kürzlich einen Artikel öffnete, den ich lesen wollte, und es brauchte etwa 4 Sekunden, bis er geladen war, doch meine Reaktion war, auf den Zurück-Knopf zu drücken und nach einem anderen Artikel über das Thema zu suchen, über das ich recherchierte. 4 Sekunden? Ich habe 4 Sekunden lang auf Informationen gewartet, die mir hätten helfen könnten, und habe lieber weitergesucht? Vielleicht sollten wir heutzutage Informationen in einer halben Sekunde erwarten, oder vielleicht sollten wir in der Lage sein, diese 4 Sekunden zu warten – auf die eine oder andere Art ist es wichtig für uns, die Freiheit haben, selbst zu wählen und diese Reaktionen nicht so einfach automatisch ablaufen zu lassen.
Und weswegen? Weil es vielleicht heute darum geht, eine Website zu laden, doch morgen könnte es sich um viel wichtigere Dinge drehen, für die wir einfach nicht die Geduld haben, sie richtig einzuschätzen, da wir durch all die „kleineren Dinge“ im Leben zu einem ,prozesstechnischen’ Gedächtnis erzogen worden sind.
Als ich mir klar machte, was gerade geschah, und darüber nachdachte, weswegen ich diese Website nach nur 4 Sekunden wieder verliess, stellte ich fest, dass mein Kiefer verkrampft war, ich in Gedanken war und in Eile arbeitete.
Für uns ist es sehr hilfreich, präsenter zu sein … um damit im Flow zu bleiben, kraftvoll zu gestalten, klar zu denken und ausgewogene Entscheidungen zu treffen. Wenn wir uns allerdings in unserem Kopf befinden, gehetzt und ungeduldig sind, mögen wir vielleicht feststellen, dass wir über den Tag an Energie verlieren und mit der Zeit immer mehr ausgelaugt werden. Wenn wir jedoch in unserem Flow sind, haben wir mehr Energie für die Dinge, fühlen uns nicht so „auf und ab“ und verspüren viel mehr Freude.
Das beruht vor allem darauf, da wir präsenter sind und unser Körper eine breitere Synchronisation zwischen den wichtigsten Systemen und Organen wie Gehirn, Nervensystem und Herz erfährt. Durch die höhere Synchronität entsteht mehr Effizienz, und im Wesentlichen steht unser Körper nicht in Konflikt mit sich selbst, sondern bewegt sich in eine Richtung. Dies erschafft Rhythmus und Flow.
Denke an eine Mutter oder einen Vater, die wegen etwas, was ihr Kind tut, die Geduld verlieren: Welche Emotionen kommen da hoch? Wut, Frustration oder vielleicht Verärgerung. Die Energie desjenigen beginnt sich zu verändern, ebenso wie die Körpersprache, der Tonfall und ihre Entscheidungen. Letztendlich sagen manchmal Menschen sogar Dinge, die sie nicht so meinen oder später bereuen – warum? Dies geschieht deswegen, weil, je mehr wir uns ärgern oder frustriert sind, desto mehr verändert sich unser physiologischer Zustand, und wir beginnen den Zugang zu unserem höheren Denken (präfrontaler Kortex) zu verlieren, was dazu führt, dass wir mehr auf der Grundlage von Prozeduren und Emotionen statt auf der Grundlage von Verbindung, Geduld und höherem Verständnis handeln.
In der Tat werden wir immer mal wieder Momente haben, in denen wir „ausflippen“, doch wie oft muss das sein? Täglich? Wöchentlich? Monatlich? Vielleicht muss es auch nur ein paar Mal im Jahr passieren? Warum scheinen einige von uns in manchen Situationen so cool und besonnen zu sein, somit geduldiger, während andere viel schneller die Geduld verlieren? Mutmasslich gibt es viele Gründe, und jeder von uns muss sich aufgrund seiner eigenen Erfahrungen selbst diese Frage stellen, um zu einer Antwort zu gelangen. Was wir jedoch wissen, ist, wir alle können geduldiger werden, wenn wir es eben üben und beabsichtigen.
Durch mehr Geduld kommt es zu weniger Frustration, weniger problematischen Entscheidungen und weniger Stress, während gleichzeitig Fluss und Energie zunehmen.
Zur Entwicklung von mehr Geduld bedarf es keiner magischen Fähigkeit, die man erlernen muss, es geht stattdessen einfach darum, präsenter und selbstbewusster zu werden. Es ist wahrlich etwas, das für jeden ergreifbar ist.
Wie du mehr Geduld entwickeln kannst
Wenn du das nächste Mal auf etwas warten musst oder im Stau stehst und dich unwohl fühlst, richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Körper. Wir alle haben bereits die Vorzüge erlebt, wie eine Massage unsere Muskeln lockert. Nimm dir dann in diesem Moment Zeit und achte darauf, wo Spannungen in deinem Körper auftreten … Kiefer, Schultern, Hände, Becken, lass sie los.
Spüre in einer nach vorn gerichteten Bestrebung die Leichtigkeit in deinem Körper. Wie fühlt es sich denn an, Leichtigkeit zu spüren? Wann war da ein Moment, an den du dich erinnern kannst, den du als Gefühl der Leichtigkeit beschreiben würdest? Wenn du dir etwas Zeit nimmst, diese Leichtigkeit zu spüren, oder sogar diesen Moment der Leichtigkeit erneut zu erleben, bringe dieses Gefühl jetzt in deinen Körper und bewege dich aus der automatischen Reaktion der Ungeduld heraus.
Du musst nicht „meditieren“ oder die Augen schliessen oder irgendetwas Besonderes tun, um dorthin zu gelangen, werde dir einfach dessen gewahr, wie du dich fühlst, welche Emotionen sich abspielen und wie der Zustand deines Körper ist, und du tust etwas, um zu wählen, wie du dich fühlen willst.
Fassen wir nun zusammen:
- 1. Nimm wahr, wie ungeduldig du bist und wie sich das anfühlt. Akzeptiere es.
- 2. Lasse die Spannung in deinem Körper los, nimm dir etwa 60 Sekunden Zeit, um durch deinen Körper zu gehen und dies zu tun.
- 3. Nimm wahr, wie es sich anfühlt, ein Gefühl der Leichtigkeit und Ruhe zu spüren, fühle dieses Gefühl in deinem Körper und lass es wachsen.
- 4. Verbleibe über die nächsten Stunden in diesem Zustand. Kehre zu diesem Gewahrsein zurück und wiederhole es, falls das notwendig ist.
Berücksichtige dabei, wir laufen hier nicht einfach vor irgendwelchen Gefühlen der Frustration oder Irritation davon. Das sind keine „schlechten“ Dinge, die wir nicht wahrhaben wollen. Stattdessen bringen wir uns selbst in einen Zustand, in dem wir vielleicht genauer untersuchen mögen, weswegen wir uns so gefühlt haben. War es etwas Kleines, Unbedeutendes, das es nicht wert war, Energie zu verlieren? Wird dieses Muster von Gefühlen durch einfaches Gewahrsein abnehmen? Oder vielleicht erkennst du, wie etwas geschah, das dich irritiert oder frustriert hat, und du nun etwas zum Ausdruck bringen musst, um etwas zu unternehmen. Nunmehr befindest du dich in einem klaren Raum, zu gewichten und effektive Entscheidungen zu treffen, im Gegensatz zu einem erschöpften / auslaugenden Raum, in dem es viel schwieriger ist, Klarheit zu erlangen.
Je häufiger du dies praktizierst, desto mehr wird es zu deinem alltäglichen Zustand des Seins.