Text von Belle Beth Cooper, veröffentlicht auf in5D, übersetzt von Krovax.
Eine Sache, die mich immer wieder überrascht ist, wie wir meinen, dass unsere Gehirne funktionieren und wie sie es dann tatsächlich tun.
Häufig bin ich davon überzeugt, dass es einen bestimmten Weg gibt, wie Dinge erledigt werden müssen, nur um dann heraus zu finden, dass es der komplett falsche Denkansatz war. Als Beispiel: ich fand es immer ziemlich einleuchtend, dass wir in der Lage sind zu multitasken. Allerdings ist es den neuesten Forschungsstudien zufolge für unser Gehirn buchstäblich unmöglich zwei Dinge gleichzeitig zu tun.
Kürzlich fand ich noch mehr dieser faszinierenden Experimente und Ideen, die mir sehr dabei geholfen zu verstehen wie unser Gehirn tatsächlich funktioniert (und nicht wie ich dachte, dass es das tut!).
Also, hier sind die 10 überraschendsten Dinge, die unser Gehirn machen kann und was wir daraus lernen können:
1. Dein Gehirn erledigt kreative Aufgaben besser, wenn ihr müde seid
Als ich mich mit der Wissenschaft über unsere inneren Uhren und wie sie unsere täglichen Routinen beeinflussen beschäftigte, war es interessant, dass ich eine Menge darüber herausfand, dass die Art wie ich meinen Tag geplant hatte, nicht wirklich der beste Ansatz dazu gewesen ist. Die Art wie unser Körper arbeitet, hat nämlich eine Menge mit den Zyklen seiner inneren Uhren zu tun.
So läuft es ab:
Wenn Du ein Frühaufsteher bist, solltest Du die Morgenstunden favorisieren in denen Du Dich am frischesten fühlst, um die fordernden, analytischen Arbeiten zu erledigen. Dein Gehirn einzusetzen um Probleme zu lösen, Fragen zu beantworten oder Entscheidungen zu treffen klappt am besten wenn man gerade auf der Höhe ist.
Für Nachteulen liegt dieser für sie günstige Zeitraum offensichtlich später im Tagesverlauf.
Wenn Du auf der anderen Seite versuchst kreative Arbeit zu erledigen, so hast du weitaus mehr Glück damit, wenn Du müde bist und Dein Gehirn nicht mehr so effizient arbeitet. Das klingt verrückt, aber es ergibt tatsächlich einen Sinn, wenn man sich die Begründung dafür ansieht. Es ist einer der Gründe dafür, warum man die besten Ideen häufig in der Dusche nach einem langen Arbeitstag hat.
Wenn Du müde bist, kann Dein Gehirn sowohl Ablenkungen nicht mehr so gut herausfiltern, als sich auch nicht mehr so gut auf eine bestimmte Tätigkeit fokussieren. Es ist auch weniger effizient dabei sich an Verbindungen zwischen Ideen oder Konzepten zu erinnern. Das sind beides gute Dinge wenn es um kreative Arbeit geht, weil wir so dazu gezwungen werden neue Verbindungen zu schaffen, sich neuen Dingen gegenüber zu öffnen und in neuen Bahnen zu denken. Also ist uns ein müdes, unfokussiertes Gehirn bei kreativen Projekten von viel größerem Nutzen.
Dieser Ausschnitt aus einem Artikel des Scientific American zeigt, wie Ablenkungen tatsächlich kreativem Denken zuträglich sein können:
Schwierige Probleme bedürfen manchmal des um die Ecke Denkens. Hier kann eine Anfälligkeit für „Ablenkungen“ tatsächlich von Vorteil sein. Außerhalb unserer Spitzenzeiten sind wir weniger fokussiert und können so eine größere Menge an Information in Betracht ziehen. Dieser größere Blickwinkel gibt uns Zugang zu mehr Alternativen und verschiedenen Interpretationen, und fördert so Innovation und Einblick.
2. Stress kann die Größe deines Gehirn verändern (und es kleiner werden lassen)
Ich möchte wetten, dass du nicht wusstest das Stress einer der Hauptgründe für Änderungen in der Gehirnfunktion ist. Ich war überrascht das herauszufinden, als ich mich damit beschäftigt hatte wie Stress unser Gehirn beeinflusst.
Ich habe auch Forschungen entdeckt, die vermuten ließen, dass aufgrund von Stress die Größe des Gehirns abnehmen kann.
Eine Studie benutzte Babyaffen, um die Effekte von Stress auf die Entwicklung und psychische Langzeit-Gesundheit des Gehirns zu beobachten. Eine Hälfte der Affen wurde während eines Zeitraums von 6 Monaten durch Gleichaltrige betreut, während die andere Hälfte bei der Mutter blieb. Danach wurden alle Affen zurück in ihre typischen, sozialen Gruppen gegeben und nach ein paar Monaten wurden ihre Gehirne von den Forschern gescannt.
Bei den Affen, die von ihren Müttern getrennt worden waren und um die sich Gleichaltrige gekümmert haben, waren die Teile des Gehirn die mit Stress zu tun haben immer noch vergrößert, trotz der Tatsache, dass sie sich schon seit Monaten wieder in einem normalen sozialen Umfeld befanden.
Auch wenn mehr Studien nötig sind um dieses Ergebnis weiter zu untersuchen, so ist es doch ziemlich erschreckend, dass längere Stressperioden einen Langzeiteffekt auf unser Gehirn haben können.
Eine andere Studie hatte zum Ergebnis, dass der Hypocampus im Gehirn von Ratten, die Dauerstress ausgesetzt worden waren, tatsächlich schrumpfte. Der Hypocampus ist ein integraler Bestandteil des Gedächtnisses. Es wurde schon früher debattiert ob die Posttraumatische Stress-Störung (PTSS) in der Lage ist den Hypocampus zu schrumpfen, oder ob Menschen mit unnatürlich kleinen Hypocampen einfach nur anfälliger für PTSS sind. Diese Studie könnte auf den Stress als den auslösenden Faktor hinweisen.
3. Es ist buchstäblich unmöglich für unser Gehirn zu multitasken
Multitasking ist etwas, dass uns schon lange zu trainieren nahe gelegt wird, aber wie sich herausgestellt hat, ist Multitasking tatsächlich unmöglich. Wenn wir denken, dass wir multitasken würden, wechseln wir eigentlich Kontexte. Das bedeutet, wir wechseln schnell zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her, anstatt sie zur selben Zeit zu erledigen.
Das Buch „Brain Rules“ beschreibt, wie abträglich „Multitasking“ sein kann:
Forschungen haben ergeben, dass die Fehlerquote um bis zu 50% wächst und es mehr als doppelt so lange dauert normale Handlungen auszuführen.
Das Problem beim Multitasking ist, dass wir die Ressourcen unseres Gehirns aufteilen. Wir geben jeder Aufgabe weniger Aufmerksamkeit und führen sie auch schlechter aus:
Wenn unser Gehirn versucht zwei Dinge zur gleichen Zeit zu machen, teilt und herrscht es, indem es die Hälfte unser Gehirnmasse jeder Aufgabe zuwendet.
Hier sehen wir, wie das in der Realität aussieht. Während wir versuchen sowohl Aufgabe A und Aufgabe B zur selben Zeit zu lösen, arbeitet unser Gehirn nie mit beiden Teilen zur gleichen Zeit. Stattdessen muss es ständig hin- und herwechseln und dabei wichtige Gehirnleistung nur für die Wechseltätigkeit reservieren:
Wenn unsere Gehirne eine einzelne Aufgabe abarbeiten, spielt der präfrontale Kortex eine wichtige Rolle dabei. Folgend, wie er uns dabei hilft ein Ziel zu erreichen oder eine Aufgabe zu lösen:
Der vordere Teil dieser Gehirnregion formt das Ziel oder die Intention – zum Beispiel, „Ich will diesen Keks“ – und der hintere Teil des präfrontalen Kortex kommuniziert mit dem Rest des Gehirns, so dass Deine Hand zur Keksdose greift und Dein Verstand weiß, ob du einen Keks hast.
Eine in Paris durchgeführte Studie hat ergeben, dass wenn eine zweite Aufgabe gleichzeitig ausgeführt werden musste, sich das Gehirn der Probanden aufgeteilt hat, wobei jede Hemisphäre allein an seiner Aufgabe gearbeitet hat. Das Gehirn war durch die zweite Aufgabe überladen und konnte nicht mit voller Kapazität arbeiten, weil es die Ressourcen aufteilen musste.
Als eine dritte Aufgabe hinzugefügt wurde, brachen die Ergebnisse der Probanden ein:
Diejenigen die drei Aufgaben jonglieren mussten, vergaßen immer wieder eine davon. Sie machten außerdem im Vergleich zur vorherigen Stufe (zwei Aufgaben auf einmal) dreimal so viele Fehler.
4. Nickerchen verbessern die alltägliche Leistung deines Gehirn
Wir sind uns alle darüber im Klaren, wie wichtig Schlaf für unser Gehirn ist, aber was ist mit einem Nickerchen? Wie sich herausstellt sind diese kurzen Schlafschübe sogar sehr nützlich.
Folgend ein paar Gehirnfunktionen, die von einem Nickerchen profitieren können:
Verbessertes Gedächtnis
In einer Studie sollten sich Teilnehmer Karten mit Mustern merken, um ihre Gedächtnisleistung zu testen. Nachdem sie sich einen Satz Karten gemerkt hatten, bekamen sie eine 40 minütige Pause, in der die eine Hälfte ein Nickerchen abhielt und die andere wach blieb. Danach wurde das Gedächtnis beider Gruppen getestet und die Gruppe mit dem Nickerchen schnitt besser ab:
Sehr zur Verwunderung der Forscher waren die Testergebnisse der Nickerchen-Gruppe deutlich besser, sie konnte sich im Mittel an 85% der Muster erinnern, verglichen mit 60% der Wach-Gruppe.
Wie es scheint, hilft ein Nickerchen unserem Gehirn dabei Erinnerungen zu verfestigen:
Forschungen weisen darauf hin, dass wenn eine Erinnerung zuerst aufgenommen wird – im Hypocampus, um genau zu sein – ist sie noch „zerbrechlich“ und wird leicht vergessen, vor allem wenn das Gehirn aufgefordert wird sich mehrere Sachen zu merken. Ein Nickerchen, wie es scheint, schiebt diese Erinnerungen in den Neocortex, den „permanenteren Speicher“ des Gehirns, und so werden sie davor geschützt überschrieben zu werden.
Schauen wir uns das mal in Form eines Graphen an – die Leute, die ein Nickerchen abgehalten haben, waren in der Lage die anderen, die wach geblieben sind, leistungsmäßig deutlich zu übertreffen. Fast so als hätten sie einen Neuanfang gemacht:
Verbessertes Lernen
Ein Nickerchen trägt dazu bei, Informationen aus dem temporären Speicher des Gehirns (Kurzzeitgedächtnis) zu tilgen, um so wieder Platz für neue Informationen zu schaffen. Eine Studie an der University of California forderte Probanden auf gegen Mittag eine fordernde Aufgabe zu lösen, bei der sie viele neue Informationen aufnehmen mussten. Um etwa 14 Uhr sollte eine Hälfte ein Nickerchen machen, während die andere Hälfte wach bleiben sollte.
Der wirklich interessante Teil der Studie ist nicht nur, dass die Gruppe mit dem Nickerchen um 18 Uhr bei einer neuen Aufgabe besser abschnitt als die Wach-Gruppe, sondern dass sie sogar besser abschnitt als bei der Mittagsaufgabe.
Was während eines Nickerchens im Gehirn passiert
Ein paar neuere Forschungen kamen zu dem Ergebnis, dass die rechte Gehirnhälfte während eines Nickerchen deutlich aktiver ist als die linke, die wiederum relativ ruhig bleibt solange wir schlafen. Entgegen der Tatsache, dass 95% der Bevölkerung Rechtshänder und damit bei diesen die linke Gehirnhälfte die dominantere ist, ist die rechte Gehirnhälfte während des Schlafens durchgängig die dominantere Hemisphäre.
Der Autor der Studie, Andrei Medvedev, spekuliert, dass die rechte Seite des Gehirns während des Schlafs mit „Hausarbeiten“ beschäftigt ist.
Während also die linke Gehirnseite sich ein wenig Zeit nimmt um sich auszuruhen, räumt die rechte Seite deine temporären Speicher auf, verschiebt Informationen in die Langzeitspeicher und verfestigt Erinnerungen des Tages.
5. Das Sehen trumpft alle anderes Sinne
Auch wenn das Sehen nur einer unserer fünf Hauptsinne ist, so scheint es den Vortritt vor anderen zu haben:
Höre dir etwas an und drei Tage später erinnerst du dich nur noch an 10% davon. Füge ein Bild hinzu und schon erinnerst du dich an 65%.
Bilder übertrumpfen Text jedes Mal, was teilweise daran liegt, das Lesen so ineffizient für uns ist. Unser Gehirn sieht Wörter als viele kleine Bilder und wir müssen bestimmte Merkmale in den Buchstaben erkennen um sie zu lesen. Das braucht seine Zeit.
Tatsächlich ist das Sehen so überlegen, dass selbst einige der besten Weinkenner der Welt einen gefärbten Weißwein als Rotwein beschrieben haben.
Es ist nicht nur überraschend, dass wir uns so sehr auf unseren Sehsinn verlassen, es ist eigentlich gar nicht mal eine so gute Sache. Nehmen wir folgende Tatsache zum Beispiel:
Unser Gehirn muss viel raten, weil es nicht genau weiß wo die Dinge sind. In einem dreidimensionalen Raum fällt das Licht tatsächlich nur zweidimensional auf unsere Retina. Daher muss unser Gehirn das sichtbare Bild erst aus diesen Daten annähern.
Schauen wir uns dieses Bild an. Es zeigt wie groß der Anteil unseres Gehirns ist, der für das Sehen zuständig ist und wie es andere Teile im Gehirn beeinflusst. Es ist ein ziemlich erstaunlicher Anteil, verglichen mit allen anderen Gehirnfunktionen:
6. Introvertiertheit und Extrovertiertheit beruhen auf einer verschiedenen Vernetzung im Gehirn
Mir wurde erst kürzlich klar, dass Introvertiertheit und Extrovertiertheit nichts damit zu tun haben, wie schüchtern wir sind oder wie stark wir aus uns heraus gehen können, sondern eher damit, wie sich unsere Gehirne wieder aufladen.
So unterscheiden sich die Gehirne von introvertierten und extrovertierten Menschen:
Forschungen haben ergeben, dass es einen Unterschied zwischen den Gehirnen von introvertierten und extrovertierten Menschen gibt, in Bezug darauf, wie wir Belohnungen verarbeiten und wie sich unsere Genetik unterscheidet. Das Gehirn von Extrovertierten reagiert stärker darauf, wenn sich ein Glückspiel bezahlt gemacht hat. Ein Teil davon ist einfach genetisch bedingt, aber es liegt zum Teil auch am Unterschied des Dopamin-Systems.
Ein Experiment, bei dem Probanden während des Glücksspiel einem Gehirnscan unterzogen wurden, kam zum folgenden Ergebnis:
Wenn sich eine Wette bezahlt gemacht hatte, zeigte die eher extrovertierte Gruppe in zwei wichtigen Gehirnregionen eine stärkere Reaktion: in der Amygdala und im Nucleus accumbens.
Der Nucleus accumbens ist Bestandteil des Dopamin-Systems, das einen Einfluss darauf hat wie wir Lernen und welches generell dafür bekannt ist, uns dabei zu motivieren nach Belohnungen zu suchen. Durch den Unterschied im Dopamin-System im Gehirn eines Extrovertierten ist dieser gegenüber anderen eher geneigt dem Reiz des Neuen nachzugehen, Risiken einzugehen und ungewöhnliche oder überraschende Situation zu genießen. Die Amygdala ist dafür verantwortlich emotionale Stimulation zu verarbeiten, wodurch Extrovertierte einen Erregungsschub erleben, wenn sie etwas hochgradig Stimulierendes versuchen, den einen Introvertierten möglicherweise überfordert hätte.
Weitere Forschungen haben ergeben, dass der Unterschied in der Verarbeitung der Stimulation durch die Introvertierten und Extrovertierten begründet liegt. Das heißt, dass eine Stimulation in unserem Gehirn verschieden verarbeitet wird, abhängig von unserer Persönlichkeit. Bei Extrovertierten ist der Weg viel kürzer. Er verläuft durch Areale in denen Geschmacks, Tastsinn, Sehen und Hören verarbeitet werden. Bei Introvertierten nimmt der Impuls eine längere, kompliziertere Route, durch Areale, die mit Erinnerung, Planen und Problemlösung zu tun haben.
7. Wir mögen Menschen, die Fehler machen, lieber
Wir werden scheinbar eher gemocht, wenn wir auch mal Fehler machen, was auf den so genannten Pratfall Effekt zurückzuführen ist.
Kevan Lee hat kürzlich erklärt wie das funktioniert:
Diejenigen, die niemals einen Fehler machen, werden als weniger sympathisch wahrgenommen, als diejenigen denen manchmal ein Fehler unterläuft. Einen Fehler zu machen, zieht andere an, macht einen menschlicher. Perfektion erzeugt Distanz und eine unattraktive Aura der Unverwundbarkeit. Diejenigen von uns mit Schwächen gewinnen jedes Mal.
Diese Theorie wurde durch den Psychologen Elliot Aronson getestet. In einem Test bat er Teilnehmer, Tonaufnahmen von Menschen anzuhören, die an einem Quiz teilnehmen. Einige dieser Aufnahmen enthielten auch Geräusche bei denen jemand eine Kaffeetasse umstößt. Als die Teilnehmer anschließend befragt wurden, welchen der Quizteilnehmer sie am sympathischsten fanden, kam der Kaffeevergießer auf Platz 1.
Darum also neigen wir dazu Leute unsympathisch zu finden, die perfekt zu sein scheinen. Und nun wissen wir auch, dass kleinere Fehler zu machen gar nicht mal die schlechteste Sache der Welt ist – tatsächlich kann das zu unserem Vorteil gereichen.
8. Meditation kann dein Gehirn zum Besseren neu vernetzen
Hier ein weiteres Beispiel das mich überrascht hat. Ich dachte Meditation wäre nur gut dafür, meinen Fokus zu verbessern und mir dabei zu helfen, im Tagesverlauf ruhig zu bleiben, aber es hat noch eine ganze Reihe zusätzlicher, großartiger Vorteile.
Hier ein paar Beispiele:
Weniger Anspannung
Dieser Punkt ist ziemlich technisch, aber auch sehr interessant. Je mehr wir meditieren, desto weniger angespannt sind wir, und wie sich herausstellt, liegt das daran, dass wir tatsächlich die Verbindungen einiger bestimmter neuraler Pfade auflockern. Klingt schlecht, aber ist es nicht.
Was ohne Meditation passiert: es gibt einen Teil unseres Gehirn, der manchmal das Ich-Zentrum genannt wird (im Prinzip der mittlere Präfontale Kortex). In diesem Teil werden Informationen, die mit uns selbst und unseren Erfahrungen zu tun haben, verarbeitet. Normalerweise sind die neuralen Pfade von den körperlichen Empfindungs- und Angstzentren zum Ich-Zentrum sehr stark. Wenn du etwas Erschreckendes oder Erschütterndes erlebst, dann wird eine starke Reaktion im deinem Ich-Zentrum ausgelöst, die dich dann erschrocken und angegriffen fühlen lässt.
Folgend ein Beispiel, wie sich Beklemmung und Aufregung innerhalb einer 20 minütigen Meditationssitzung reduzieren lassen:
Wenn wir meditieren, besonders wenn wir gerade erst mit dem Meditieren anfangen, schwächen wir diese neurale Verbindung. Das bedeutet, dass wir nicht mehr so stark auf Eindrücke reagieren werden, die vorher unser Ich-Zentrum angefeuert haben. Während wir diese Verbindung schwächen, verstärken wir gleichzeitig die Verbindung zwischen dem als Auswertungs-Zentrum (der Teil des Gehirns der für logisches Denken zuständig ist) bekannten Areal und den körperlichen Empfindungs- und Angstzentren. Wenn wir also etwas Erschreckendes oder Erschütterndes erleben, können wir uns jetzt leichter rational damit auseinander setzen. Hier ist ein gutes Beispiel:
Wenn du zum Beispiel Schmerz erfährst: anstatt nervös zu werden und anzunehmen, dass das bedeutet etwas sei mit dir nicht in Ordnung, kannst du den Schmerz dabei beobachten wie er steigt und fällt, ohne dabei in der Geschichte was der Schmerz bedeuten mag hängen zu bleiben.
Mehr Kreativität
Forscher an der Universität Leiden in den Niederlanden haben sowohl fokussiert-aufmerksame, als auch offen-beobachtende Meditationen untersucht, um zu schauen, ob es dabei einen positiven Einfluss auf die Kreativität gibt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass fokussiert-aufmerksam Meditierende keine offensichtliche Erhöhung der Kreativität nach einer Meditation zutage legten. Diejenigen, die offen-beobachtende Meditation praktizierten zeigten jedoch eine Verbesserung bei Aufgaben, die von ihnen verlangten neue Lösungswege zu finden.
Besseres Gedächtnis
Eins der Dinge, die mit Meditation in Verbindung gebracht werden, ist eine Verbesserung des schnellen Erinnerungsvermögens. Catherine Kerr, eine Forscherin am Martinos Center for Biomedical Imaging und dem Osher Research Center, fand heraus, dass Menschen, die aufmerksame Meditation betreiben, in der Lage sind die Gehirnwelle anzupassen, die für das Ausblenden von Störungen zuständig ist und so ihre Produktivität schneller als die nicht-Meditierenden verbessern konnten. Sie sagte, dass die Fähigkeit Störeinflüsse zu ignorieren „ihre überlegene Fähigkeit, sich schnell zu erinnern und neue Informationen aufzunehmen“ erklären könnte. Das scheint auch sehr ähnlich zu der Kraft zu sein, bei der man sich, wenn man neuen Situationen ausgesetzt wird, auch deutlich besser an die Situation erinnern kann.
Meditation wird auch mit größerer Einfühlsamkeit, vermindertem Stress, verbesserten Erinnerungsfähigkeiten und sogar eine Zunahme grauer Masse im Gehirn in Verbindung gebracht.
9. Sport kann dein Gehirn neu organisieren und deinen Willen verstärken
Klar, Sport ist gut für den Körper, aber was ist mit dem Gehirn? Nun, scheinbar gibt es eine Verbindung zwischen Sport und mentaler Aufmerksamkeit, im selben Umfang wie Glück und Sport miteinander verbunden sind.
Lebenslanger Sport kann in einer manchmal erstaunlichen Erhöhung von kognitiver Leistung resultieren, verglichen mit denjenigen Menschen, die eine bewegungsarme Lebensweise pflegen. Sportler überflügeln Sesselhocker in Tests, die das Langzeitgedächtnis, logisches Denken, Aufmerksamkeit, Problemlösung, sogar so genannte flüssig-intelligente Aufgaben, messen.
Natürlich kann uns Sport auch glücklicher machen, wie wir schon vorher untersucht haben:
Wenn du mit dem Sport anfängst, erkennt das Gehirn diesen Moment als Stress. Während sich der Druck auf das Herz erhöht, denkt das Gehirn, dass du mit einem Feind kämpfst oder von ihm wegrennst. Um dich und dein Gehirn vor Stress zu schützen, kannst du ein Protein namens BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor) ausschütten. Das BDNF hat einen schützenden und auch reparierenden Einfluss auf deine Gedächnisneuronen und dient als Rücksetzschalter. Darum sehen wir nach dem Sport häufig Dinge viel klarer und fühlen uns befreit und letztendlich auch glücklich.
Zur selben Zeit werden auch Endorphine im Gehirn ausgeschüttet, eine weitere Chemikalie um Stress zu bekämpfen. Die Hauptaufgabe der Endorphine, nach dem Forscher McGovern:
Diese Endorphine neigen dazu, die Unannehmlichkeit der Übung zu minimieren, das Schmerzgefühl zu blockieren und werden sogar mit dem Gefühl von Euphorie assoziiert.
10. Du kannst dein Gehirn denken lassen, dass die Zeit langsam vergeht indem du neue Dinge tust
Hast du dir schon einmal gewünscht, im Juli nicht ständig sagen zu müssen „Wo ist nur die Zeit geblieben?“, nachdem dir bewusst geworden ist, dass schon wieder das halbe Jahr vorbei ist? Hier ist ein netter Trick, der damit zu tun hat, wie das Gehirn Zeit wahrnimmt. Wenn du erst einmal verstanden hast wie er funktioniert, kannst du dein Gehirn austricksen, so dass es die Zeit langsamer wahrnimmt.
Im Grunde nimmt das Gehirn einer Menge Informationen von unseren Sinnen entgegen und organisiert diese in einer Art und Weise die für uns Sinn ergeben, bevor wir sie überhaupt erst bewusst wahrnehmen. Was wir also glauben, was unser Zeitgefühl ist, ist lediglich eine Ansammlung von Informationen, die uns entsprechend präsentiert werden, festgelegt durch unser Gehirn:
Wenn unser Gehirn neue Informationen empfängt, kommen diese nicht unbedingt in der richtigen Reihenfolge an. Diese Informationen müssen neu sortiert und uns in einer Form präsentiert werden, die wir verstehen. Wenn bekannte Informationen verarbeitet werden, braucht das nur wenig Zeit. Neue Information hingegen brauchen ein wenig länger und dadurch fühlt sich die Zeit verlängert an.
Noch merkwürdiger ist, dass nicht nur ein Bereich des Gehirns unser Zeitgefühl bestimmt, sondern eine ganze Ansammlung von Bereichen dafür zuständig ist, anders als unsere fünf Sinne, die einfach jeweils einen einzelnen, spezifischen Areal zugewiesen werden können.
Wenn wir viele neue Informationen erhalten, braucht das Gehirn eine Weile, um diese neue Eingabe zu verarbeiten. Umso länger das dauert, desto länger fühlt sich dieser Zeitraum an:
Wenn wir uns zum Beispiel in einer lebensbedrohlichen Situation befinden „erinnern wir uns an den Zeitraum als länger, weil wir mehr Erfahrungen aufgezeichnet haben. Lebensbedrohliche Situationen sorgen dafür, dass wir sehr gut aufpassen, aber wir bekommen keine übermenschlichen Wahrnehmungskräfte.“
Dasselbe passiert, wenn wir schöne Musik hören, denn „größere Aufmerksamkeit führt zu einer Wahrnehmung eines längeren Zeitraums.“
Umgekehrt gilt, wenn dein Gehirn wenig neue Informationen verarbeiten muss, scheint die Zeit schneller zu vergehen, derart, dass derselbe Zeitraum sich tatsächlich kürzer anfühlt als er es andersrum würde. Das passiert, wenn man eine Menge bereits bekannter Information aufnimmt, da diese schon vorher einmal verarbeitet wurden. Dein Gehirn muss nicht mehr so stark arbeiten, daher verarbeitet es die Zeit schneller.
Es ist immer wieder sehr faszinierend, wie unser Gehirn arbeitet. Ich möchte nur etwas einwerfen. Ich glaube, dass unser Gehirn bei weitem mehr schafft, als nur die menschliche Wissenschaft versteht. Wenn man bedenkt, welche Leistungen es vollbringen kann. Das interessanteste für mich im Großen und Ganzen habe ich in meinem Leben vieles gesehen und vieles überdacht und umdacht. Manchmal, ist die Intuition ein wichtiger Schlüsselpunkt zum besseren und schnelleren arbeiten, wie oft sieht man eine Aufgabe und kennt sofort die Antwort, aber wenn man dann anfängt darüber nachzudenken, weiß man nicht wie man drauf gekommen ist und verwirft diese Antwort. Wie in Mathematik der Rechenweg, manchmal kennt man sofort die Lösung (aus dem Nichts) aber weiß nicht wie man dahin kommt. Nur als Beispiel hier genannt.
Ich fand es sehr informativ und ich bedanke mich für diese Zeilen. Es ist natürlich nur meine Meinung, aber manchmal muss man lernen zu „fließen“ …Dem Körper und Geist eine Möglichkeit geben, sich zu entfalten.
Liebe Grüße
Eine breite Streuung von Denkansätzen läßt dich nicht denken. Alle Konzepte, alles bekannte Wissen hat seinen Ursprung, z.B. Im Batteriemanagement deines Lebens. Man kann nicht nicht denken! Denkst du zur Steuerung ausschließlich in den Kategorien der einzelnen Ableger, dann bist du eben im wachen, aktiven Zustand ausgebremst, machst automatisch Fehler, kannst nur müde deine eigentliche befriedigende Arbeit tun, was dann sehr anstrengend ist.
Das man müde kreativer ist hat mich total aus den Socken gehauen. Ich Versuche dann wohl immer mit meinem analytischen Gehirn Kreativität zu erzwingen. Auch wenn ich müde bin bekomme ich es einfach nicht so doll hin.
Was könnte ich machen um das zu verbessern? Haben Sie einen Tipp?
LG Alina
Hallo Alina,
Als Hypnosetherapeutin empfehle ich Ihnen, lernen Sie Selbsthypnose. Das geht relativ schnell und dann können Sie mit Ihrem Inneren kreativen Anteil Kontakt aufnehmen. Außerdem kennen Sie den Zustand der Hypnose bestimmt schon. Es ist z,B, der Zustand zwischen schlafen und noch nicht ganz wach. Oder eben auch umgekehrt. Vielleicht haben Sie in diesem Zustand schon einmal besonders kreative Ideen gehabt.
Ein tolles Bild oben drüber 🙂
Vieles ist mir nicht neu – aber bei Punkt 6 war ich doch hellhörig: Sehr interessant! Musste sofort an die Forschungen von Silvia Löhken denken, die beschäftigt sich mit den Unterschieden zwischen Intro- und Extrovertierten (hier ein interessanter Youtubekanal dazu, wo sie als Introvertierte zusammen mit einer Extrovertierten über verschiedene Sachen spricht – „Der Laut-Leise-Divan“ https://www.youtube.com/user/LeiseMenschenTV ). Die Introvertierten bezeichnet sie als „leise Menschen“ – und hat auch genau die Sache mit den unterschiedlichen „Auflade-Techniken“ herausgefunden.